Die Geschichte der Franziskanerkirche und des Franziskanerklosters in Warschau
6 November 1645 – auf Bitte seines Hofkapellmeisters, eines italienischen Franziskaners, Vater Vincentio Scapita de Valentia und in Würdigung dessen Verdienste gibt König Władysław IV seine Zustimmung für die Entstehung eines Gotteshauses der Franziskaner in Warschau.
10 Mai 1646 – zusammen mit dem Apostolischen Legaten Jan de Torres, weiht der Posener Bischof Andrzej Sołdrski den Eckstein und das Gelände an der Ecke der Wójtowska- und Przyrynekstraße ein.
3 Oktober 1646 – die Konsekration einer, eher kleinen Holzkirche des Heiligen Franciszek Seraficki (über deren Aussehen wir kaum etwas wissen).
3 Februar 1657 – während der schwedischen Besatzung der Stadt wird die ursprüngliche Kirche, samt Gebäude, aufgrund von Brandstiftung vollständig zerstört. (Der Brandstifter soll ein „Häretiker” gewesen sein – ein Bürger der den Spitznamen Hutmacher trug und Deutscher war)
4 Oktober 1662 – 3. September 1663 – Bau eines zweiten Gotteshauses (ebenso aus Holz) mit fünf Altären zur Zeit des Guardians Vater Ludwik Cichocki. Für dessen Bau ließen die Bürger, das nächste Jahr über gekaufte Gemälde zuteilwerden: Das Stigma des Franz von Assisi, des Antonius von Padua und der Muttergottes. Schnell wird klar, dass die neue Kirche zu klein ist für die immer größer werdende Zahl der Gläubigen.
1663–65 – der Bau eines neuen, einstöckigen, hölzernen Klosters (Maße: 9 x 18 m), unter der Leitung von Vater Cichocki.
2 August 1679 – Einmauerung des Ecksteins für den Bau einer neuen Kirche zur Zeit des Guardians Vater Adrian Pędzikowski. Beginn der Materialsammlung. In der Zwischenzeit wird der italienische Architekt Giovanni Battista Ceroni beauftragt, Pläne vorzubereiten. Die eigentlichen Arbeiten begannen erst eine Dekade später, dauerten einige Dutzend Jahre und wurden oftmals aufgrund des fehlenden Kapitals, Epidemien und Kriegen unterbrochen. Die folgenden Etappen sollen hier hervorgehoben werden:
– 1690–97 – Errichtung des Presbyteriums und der Kapellen Muttergottes und des Antonius von Padua (die gegenwärtige Sakristei), geleitet von Jan Ch. Ceroni. Zu den großzügigen Stiftern zählten: Adam Kotowski, ein Truchsess aus Hohenburg an der Weichsel (Wyszogrod), später Landrat in Bolimów (da er keine Nachfahren hatte hinterlegte er dem Kloster einen Teil seines Testaments) und König Jan III Sobieski (der damalige Guardian des Klosters, Vater Rafał Grabia war sein Hoftheologe und Beichtvater)
– 1700–04 – die Fundamente für die Pfeiler werden gelegt und die Mauern hochgezogen. Weitere Arbeiten hören auf. Grund dafür ist herrschende Armut, die Seuche von 1708–12, die die Stadt ausrottet (im Kloster überlebt nur ein Ordensbruder) und der Überfall der schwedischen Armee.
– 1713–17 – der Bau des Querschiffs unter der Leitung von Józef Fontan. Die Arbeiten kommen vermittels der Tüchtigkeit und Entschlossenheit des damaligen Guardians Vater Gabriel Welisewicz in Gang. Ihm ist es zu verdanken, dass in der gleichen Zeit der Bau eines neuen Klosters aus Blackstein beginnt (gegenwärtige Maße).
– 1728–37 – Józef Fontan und sein Sohn Jakob bringen die Arbeiten an dem Korpus der Kirche zum Ende. Die Arbeiten können weitergeführt werden, dank einer großzügigen Spende vom Fürsten Jerzy Lubomirski, des Woiwoden von Krakau (dies bezeugt ein Gedenkepitaph, bestückt mit seinem Wappen, und dem Datum MDCCXXXII, d.h. 1732. Es ist bis heute auf der Vorderseite des Gotteshauses zu sehen ist).
– 1730–50 – Jakub Fontan führt zeitraubende Ornamentikarbeiten an der kunstvollen, Rokokofassade des Gotteshauses durch.
1733 – Abschluss der Arbeiten des gemauerten, aus drei Flügeln bestehenden Klosters, das an dem Korpus der Kirche angelegt war und somit zusammen mit ihr ein geschlossenes Gevier mit innerem Viridarium bildete. Die Arbeiten leitete Antonio Solari. Große Verdienste beim Bau dieses Werkes leistet auch der langjährige Guardian Vater Gabriel Welisewicz (+23 III 1738).
29 September 1737 – der Posener Bischof Stanisław Hozjusz führt die feierliche Konsekration der Kirche, benannt nach den Stigma des Heiligen Franciszek Seraficki durch. Es beginnt eine Periode unglaublich reichen und vielfältigen seelsorgerischen und kulturellen Wirkens der Franziskaner in Warschau.
1741 – Installation der kleineren 8-stimmigen Orgeln in der Kapelle der Muttergottes (momentan nicht existent)
1746 – Dank Vater Michał Halkiewicz´s Bemühungen, werden die Reliquien des Heiligen Vitalis (vel Klemens), eines römischen Märtyrers vom Anfang des 4. Jahrhunderts nach Warschau gebracht.
1753–54 – auf der Seite der Franciszkańka Straße wird ein neuer Flügel auf das Noviziat gebaut und die Kapelle des Heiligen Vitalis (Projekt: Antonio Solari)
17–19. September 1754 – feierliche Verlagerung der Reliquien des Heiligen Vitalis in die neue Kapelle mit Beteiligung des Klerus, der Königin, der Krongarde, der Senatoren, der Abgeordneten und des Volkes der Hauptstadt.
1755 – der Orgelmeister Wawrzyniec Zadorski installiert neue 14-stimmige Orgeln. All dem Dank der Bemühungen von Guardian Vater Bonawentur Makowski.
1775 – Umbau des Chores des Gotteshauses – die seitlichen Elemente werden bis zur Linie der Säulen verlängert (gemäß dem Projekt von Architekt Bonawentur Solari).
1788 – die Rokokofassade der Kirche wird in eine klassizistische umgebaut (Projekt: Guiseppe Boretti)
1802 –Der preußische König erlässt ein Dekret, wonach das Kloster aufgelöst, und die Ordensbrüder ins Kloster in Warka geschickt werden sollen. Aufgrund der Koalitionskriege und der Abschwächung preußischer Einflüsse in der Hauptstadt, können die Franziskaner dort bleiben, doch verlieren für einen bestimmten Zeitraum einen Teil des Klosters, und zwar das Noviziat, das zu einem Gefängnis umgebaut wird.
1817–19 – die sich auf der Vorderseite der Kirche befindende prachtvolle Rokokoumzäunung und der Friedhof werden entfernt.
1829 – Umbau und Vergrößerung der Orgel in der Kirche (auf Anregung des damaligen Guardians, Vater Jakub Piasecki).
1835 – in dem Noviziat wird, dank Bemühungen Vaters Jakub Piasecki und im Einvernehmen mit dem russischen Zaren, eine theologische Akademie gegründet, die einzige in Kongresspolen, die Anwärter des Priesteramtes ausbildet (1864 wird die Akademie ins größere Karmeliterkloster am Krakowskie Przedmieście verlegt).
1842–45 – Dank des erhaltenen Kapitals aus der Schatzkammer des Zaren werden im Gotteshaus Renovierungsarbeiten durchgeführt (fast der gesamten Altar wird wiederhergestellt und Malarbeiten im Inneren durchgeführt).
1864 – als Strafe für die Unterstützung des Januaraufstandes, wird das Kloster aufgelöst. Die Franziskaner werden aus Warschau vertrieben und ins Kloster nach Kalisz verbannt. Die Kirche wird von dem Bistum übernommen und zu einem Garnison-Gotteshaus für Katholiken, die in der Armee des Zaren dienen umgetauft. Das Kloster wird verkauft und für säkulare Ziele genutzt.
1918–19 – auf Einladung des Warschauer Erzbischofs, Pfarrer Aleksander Krakowski, kehren die Franziskaner nach 55 Jahren in die Hauptstadt zurück. Sie können nur einen (den westlichen) Flügel ihres Klosters wiedergewinnen. Die Zwischenkriegsjahre sind geprägt von intensiven Renovierungsarbeiten, zusätzlicher Ausstattung des Gotteshauses und einer starken Belebung der Seelsorge.
September 1939 – während der Schlacht um Warschau, wird das Gotteshaus stark von deutschen Bomben zerstört (die größten Schäden erlitt das Querschiff und der Altar des Antonius von Padau).
1–30 August 1944 – während des Warschauer Aufstandes werden die Kirche und das Kloster zu einem Zufluchtsort für hunderte von Flüchtlingen. Die Ordensbrüder leisten den Zivilen und Aufständischen geistlichen und materiellen Beistand. Sie führen eine Feldküche und einen Verbandsplatz. Zusätzliche helfen sie an vielen Orten der Altstadt, als Geistliche und Sanitäter. In dieser Zeit werden das Kloster und die Kirche immer stärker von den feindlichen Geschossen zerstört.
30 August 1944 – die Kirche wird von einem deutschen Flugzeug bombardiert (im Untergrund sterben 40 Menschen). Im alten Teil des Klosters (Franciszkańska Straße 2, also das Noviziat), wo sich der Zufluchtsort für etwa 300 Greise befindet, die aus Großpolen vertrieben worden sind, sterben ca. 80 Menschen von Bombenanschlägen und Geschossen.
31 August 1944 – das Kloster wird von den Nazis besetzt. Die Franziskaner werden zusammen mit den Flüchtlingen interniert. Die zerstörte Kirche und der Konvent werden geplündert und Akten des Vandalismus ausgeliefert. Im benachbarten ehemaligen “Noviziat” verbrennen die Deutschen etwa 40 gebrechliche und verwundete Frauen bei lebendigem Leibe. Das Gebäude wird vollkommen zerstört.
3–4 November 1944 – Vater Cezar Baran und Benigny Murlinkiewicz bekommen von den Besatzungsmächten die Erlaubnis ins zerstörte Warschau zu gehen. Aus der Kriche holen sie historische Ornate und liturgische Paramente, die sie vorher versteckt hatten.
20 Januar 1945 – Rückkehr der Franziskaner in die Hauptstadt. Einen Tag später wird auf den Trümmern am Altar des Antonius von Padau die erste Messe auf der linken Seite Warschaus gehalten.
1945-49 – die Franziskaner errichten neben dem Kloster eine geräumige Baracke, in der sie sich zusammen mit Freiwilligen und der Caritas um tausende Warschauer Kinder und Jugendliche kümmern. Diese Anlaufstelle wird später von der kommunistischen Führung geschlossen.
Ab 1945 – intensiver Wiederaufbau und Ausstattung des Gotteshauses: Neue Decken und Dächer werden gelegt (1945–46), Fußboden des Presbyteriums (1945, 1948), Reparatur beider Türme (1948), Renovierung der seitlichen Altäre (1945–63), Orgeln (1949,1953), Installation der Glocken (1961), Rekonstruktion der Kanzel (1964-66), Hauptaltar (1973–83), Erneuerung der Fassade (1954; 2003; 2016), Montage einer Isolierung gegen Feuchtigkeit (2004–15), Modifizierung der Heizung (2012–14), Beleuchtung (2015–16), Vergrößerung des Platzes vor der Kirche (2017).
Fast gleichzeitig dauert auch der Wiederaufbau des Klosters: Zuerst wird der halbwegs bewahrte westliche Flügel wieder bewohnbar gemacht (1945–46), wonach die anderen beiden Flügel, von Grund auf errichtet werden (1950–54).